Kolumne: Pfeifen
Lassen Sie mich diese Zeilen nutzen, um meiner ersten großen Liebe ein paar Worte zu widmen. Ihre Form hat mich schon in jungen Jahren fasziniert. Je älter ich wurde, desto mehr wusste ich ihren Facettenreichtum zu schätzen. Nobel und verwegen, rustikal und intellektuell. Es gibt sonst nichts, wie sie die Pfeife.

Es ist eine Ehre für mich, einmal im Monat in diesem Magazin eine Seite füllen zu dürfen. Für eine Zigarre reicht sie meistens unter Qualen und Selbstzensur. Für die Welt der Pfeife hätte ich am liebsten das ganze Heft. Jedes Detail verdient in meinen Augen zumindest ein kleines Spotlight. Historie, Handwerk, Kunst und dann hätte ich noch kein Wort
über die vielseitige Tabakauswahl verloren. Denn nicht nur die Variationen an Pfeifenformen ist schier unendlich, auch der Pfeifentabak bietet eine Vielfalt größer als die illustre Liste prominenter Pfeifenraucher.


Die Zigarre ist einfacher zu bedienen und braucht weniger Zubehör, ist aber nach dem Genuss verschwunden. Die Pfeife bleibt. Sie ist nicht nur ein Accessoire, sondern eignet sich auch perfekt als Objekt der ideellen Wertzunahme. Nur hat die schüchterne Schwester der Zigarre eine etwas höhere Lernkurve. Es braucht ein wenig Übung, ehe das eigentliche Vergnügen beginnt. Am besten betrachtet man es als Kennenlernphase in einer Beziehung. Einer Beziehung, die ein Leben lang halten kann.


Denn genau so wählt man am besten eine Pfeife aus wie einen Partner. Sie muss gefallen, optisch, haptisch und mit einem Ihnen angenehmen Charakter. Sie mag aus Bruyèreholz sein, trotzdem ist sie kein simples Möbel. Pragmatismus und Kompromisse sorgen nur dafür, dass Sie wehmütig zurückdenken an die Eine, die sie zurückgelassen haben. Aber das heißt nicht, dass sie sich gleich in Unkosten stürzen müssen. Es bleibt selten bei nur einer Pfeife, es gibt einfach zu viele Schönheiten und Pfeifenpolygamie ist absolut legal.


Hat man dann seine Wahl getroffen und die kleine Einstiegshürde genommen, betritt man eine Welt des ausgedehnten Genusses. An einer Pfeife kann gut mehr als eine Stunde vergehen. Der Rauch ist nur ein leichtes Simmern, die Pfeife liegt perfekt in der Hand und strahlt eine gemütliche Wärme aus, während der Lieblingstabak langsam verglimmt. Die Aromen schmiegen sich wohlig an den Gaumen, während man sich kontemplativ der Deutung der geheimnisvollen Symbole in den zarten
Rauchschwaden widmet. Das Pfeiferauchen ist ein analoger Ruhepol in
einer hektischen digitalen Welt.